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27.02.2015, 16:28 Uhr | Christel Eppenstein
Redebeitrag am Kreistag 27.02.2015
zum „Konzept zur umfassenden Betreuung geflüchteter Menschen im Landkreis Northeim“ !

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, erster Kreisrat, meine Damen und Herren.

Ich möchte mit einem Zitat von Herrn Hagerodt beginnen. 

„Lob, Dank, Anerkennung und Ehre“ So viel Lob für ein erarbeitetes Konzept hat die Kreisverwaltung wohl selten bekommen. Und das von allen Seiten der Politik, aber auch von den in der Ausschusssitzung anwesenden Einwohnern. Und ich bin sicher, dass wir auch heute wieder große Einigkeit erzielen werden.

Northeim -

Aber, meine Damen und Herren, dieses ist kein Thema, dass wir im Vorbeigehen durchwinken sollten.  Wir dürfen nicht einfach sagen, nun haben wir ein wunderbares Konzept, da liegt es!

Jetzt müssen  die Handlungsfelder mit Leben gefüllt und erarbeitet werden. Die Aufgaben,  die wir haben und die damit verbundenen Herausforderungen müssen angegangen werden. Geben sie mir einige Minuten, um einige Erklärungen dazu abzugeben

Da gilt es nicht nur die Flüchtlinge an die Hand zu nehmen, sondern wir müssen auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landkreises mitnehmen, Vorurteile abbauen, ihre Sorgen anhören und ihnen klar machen, dass Flüchtlinge nicht nur Belastung sondern auch eine Bereicherung für unseren Landkreis sein können.  

Das Konzept zeigt uns, dass noch  lange, schwierige, sensible und komplexe Aufgaben vor uns liegen. Wir wollen uns dieser Herausforderung stellen.

Zur Erinnerung: Es lagen der Verwaltung zwei Anträge vor. Von SPD/ und Bündnis 90/Die Grünen, und von der CDU. Und die Verwaltung wurde beauftragt daraus ein Konzept zu erstellen.

Das 60 seitige  Konzept zur umfassenden Betreuung geflüchteter Menschen im Landkreis Northeim liegt ihnen allen vor .Es ist eine aktuelle Bestandsaufnahme -und Bedarfssituation und  da ist es  selbstverständlich, dass diese immer fortgeschrieben wird. Die Fortschreibung soll dann als Beschlussvorlage dem Kreistag vorgelegt werden. Das ist es, was wir heute beschließen wollen,  

Es werden 7 Handlungsfelder aufgezeigt. Das Handlungsfeld 1 Vernetzung ist schon weitgehend gut gelungen. Wir haben  dafür  eine Integrationsbeauftragte eingestellt und der Fachbereich IV hat,  gute Vernetzungsarbeit mit Vereinen, Verbänden, Kommunen Interessenvertretungen usw.. geleistet. Die Verwaltung hatte   einen Fragekatalog an unsere kreisangehörigen Städte und Gemeinden geschickt mit der Bitte um Beantwortung. Auch Schulen wegen Sprachförderungen wurden angeschrieben.  Leider haben nicht alle Kommunen geantwortet. Die Integrationsarbeit  ist aber eine gesellschaftspolitische ja, sogar eine  gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das kann man nicht allein dem Landkreis und der Verwaltung überlassen.

Beim Handlungsfeld 1 ist also schon viel getan worden.

Aber schon bei der Umsetzung des Handlungsfeldes 2 Unterbringung gibt es Probleme. Es gibt nicht genügend geeigneten Wohnraum in den Kommunen.

Das geltende Niedersächsische Aufnahmegesetz sieht zwar vor dass Ausländerinnen und Ausländer unter Berücksichtigung von Einwohnerzahlen auf die Gemeinden verteilt werden sollen. Aber für eine kleine Gemeinde mit einer kleinen Verwaltung (siehe Kalefeld 6ooo Einwohnern) stellt schon die Unterbringung von beispielsweise 30 Kindern, Frauen und Männer eine enorme Herausforderung dar. Wir in Kalefeld haben bereits 20 Flüchtlinge und werden noch 27 bekommen. Die müssen vernünftig untergebracht werden.  

Eine vernünftige Betreuung von Flüchtlingen setzt aber ein gewisses Maß an Infrastruktur voraus.  Abgelegene Orte müssen vermieden werden. Eine  angemessene Versorgung und Integration von Flüchtlingen kann kaum möglich sein, wenn man sie fernab von entsprechenden Angeboten unterbringt (Ärzte, Psychotherapeuten, Sprach- und Integrationskurse, Einkaufsmöglichkeiten, Schule, Kindergarten usw,..) und ohne ausreichenden öffentlichen Personennahverkehr.

Der Landkreis achtet sehr wohl darauf, dass die Infrastruktur bei der Unterbringung vorhanden ist.

Es liegt auf der Hand, dass die Unterbringung der Flüchtlinge allein nicht ausreicht, um ihnen ein menschenwürdiges   Dasein zu ermöglichen. Deswegen haben wir weitere wichtige Handlungsfelder in diesem Konzept.  3 Begleitung, 4 Sprache, 5 Beschäftigung, 6 Freizeit, 7  Kultur und Begegnung.

Lasse sie mich nur noch das Handlungsfeld 3: Begleitung aufgreifen.

Flüchtlinge müssen sich in einem vollkommen fremden Land mit anderen Gebräuchen und in einer ganz anderen Kultur erst einmal zu Recht finden. Sie müssen deshalb gerade in den ersten Wochen und Monaten an die Hand genommen werden. Fragen: wie erledige ich Behördenbesuche, wo gibt es Dolmetscher, wo ist der nächste Arzt, wo kaufe ich ein usw … kann eine Verwaltung nicht nebenbei erledigen. Deshalb haben wir dafür zwar zwei Stellen für Flüchtlingssozialarbeit geschaffen, die vor Ort die Betreuung steuern sollen, die nicht nur die soziale Beratung und Begleitung der Flüchtlinge gewährleisten sollen, sondern auch Anlauf-  und Koordinierungsstelle für die ehrenamtlich Tätigen vor Ort sein sollen, die den Flüchtlingen freiwillig Hilfe und Unterstützung anbieten und auf die wir bei der Umsetzung des Konzeptes dringend angewiesen sind.

Doch soziale Betreuung kann nicht allein ehrenamtlich erledigt werden. Das Erfordernis einer professionellen Unterstützung wird auch von keiner Seite ernsthaft in Zweifel gezogen. Deswegen ist es an der  Zeit, dass auch das Land Niedersachsen dies anerkennt und den Kommunen die Kosten für die soziale Betreuung der Flüchtlinge erstattet, denn momentan bekommen sie keinen Euro, keinen Cent dafür vom Land.

Heute tagt eine Flüchtlingskonferenz des Landes mit 50 Vertretern von Kommunen sowie Flüchtlings-und Wohlfahrtsverbänden. „Wir wollen“, so sagt Innenminister Boris Pistorius, „weitere Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Situation für die Menschen, die unsere Hilfe dringend benötigen, zu verbessern.“

Ich finde, dass wird ja auch Zeit!

Wir sind da schon weiter! Wir haben das hier mit unserem Konzept und dem Maßnahme-  Katalog, bzw. aufgezählten Handlungsfeldern  bereits getan und aufgezählt, was es zu tun gibt.  Hier ist der Landkreis schon vorbildlich. Wohlwissend, das die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen originäre Landesaufgabe ist. 

Wir alle im  Landkreis, in unseren Städten  und Gemeinden  bekennen uns  ausdrücklich zum Grundrecht auf Asyl für politisch verfolgte Menschen und zu einer humanitären Flüchtlings- und Asylpolitik. Aber wir möchten nicht mit dieser Aufgabe alleingelassen werden, sondern fordern  besonders vom Land deutlich mehr Unterstützung. Das Land darf sich nicht länger hinter dem Bund verstecken. Wenn das  Land die Aufnahme von Flüchtlingen als Landesaufgabe anerkennt, muss es auch willens sein, mehr Kapazitäten zu schaffen.   

Wir sollen jetzt nicht in Aktionismus verfallen, warnte uns  ein Einwohner im Sozialausschuss. Integration geht nicht von heute auf morgen. Es ist ein langwieriger Prozess  und wenn er gelingen soll, sind wir alle gefragt, Bund, Land, Landkreis, Kommunen, Bürgerinnen und Bürger. Letztlich ist auch Europa  gefordert, um die Flüchtlingsströme besser zu lenken.

Das alles bringt uns vor Ort momentan nicht weiter. Wir haben uns  auf unseren Landkreis  zu konzentrieren. Sorgen wir uns um die Flüchtlinge und Asylanten, die  in unseren Landkreis gekommenen sind, und nun Hilfe suchen. Wir wollen das Bestmögliche dafür tun, damit sie sich  bei uns wohlfühlen.

Lassen sie uns alle gemeinsam in unserem Landkreis eine Willkommenskultur - so lautete der Antrag der CDU- für Asylsuchende -- schaffen!

Das vor uns liegende Konzept soll uns den Weg zeigen. 

aktualisiert von Andreas Lueddecke, 16.08.2018, 11:32 Uhr

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